Montessori durch und durch
Liebe Fans der BMMG,
Ich habe gerade einmal nachgerechnet – am kommenden 1. Februar habe ich schon 29 Jahre meines Lebens an der BMMG verbracht. Einige werden sich jetzt sagen: „Das kann doch nicht! Rein optisch ist der Herr Erlenwein doch höchstens 30 Jahre alt, der muss sich verrechnet haben!“
Aber zum einen habe ich Mathematik einst bei Herrn Beeser und der tollen Frau Neukirchen gelernt – Verrechnen ist also ausgeschlossen – und zum anderen kann ich es auch erklären. Im Jahre 1986 kam ich als kleiner Stöpsel nach einem Jahr im Montessori-Kinderhaus an die Montessori-Grundschule gleich nebenan. Das war für waschechte Hülser damals sehr unüblich, denn als Hülser ging man noch ausschließlich in Hüls zur Schule. Und zunächst war ich auch nicht ganz glücklich, denn meine Nachbarschaftskumpel besuchten ja alle die Schule in der Heimat. Meine Eltern haben sich aber anders entschieden, weil sie einfach ahnten, dass es sich lohnen würde, den Kleinen an die „Monte“ zu schicken. Ich habe es ihnen dann heimgezahlt, indem ich mir als besten Freund einfach einen Jungen aus Oppum ausgesucht habe, zu dem sie mich dann stets durch ganz Krefeld kutschieren konnten – und das in Zeiten ohne Handy und Internet! Das aber nur am Rande. Schnell gewöhnte ich mich an tolle pädagogische Ikonen wie Frau Tenten oder Frau Modlich, so dass ich nach vier Jahren natürlich auch den Weg an die große Schule fand.
Hier ging die Entwicklung meiner tiefen Beziehung zu unserer Schule dann richtig los. Neun tolle Jahre mit besonderem Lernen vor allem in der Freiarbeit und am Projekttag! Besonders letzteren habe ich geliebt, weil hier die Besonderheiten des Lernens bzw. des Lebens an der BMMG so richtig ans Licht kamen. Was habe ich in pädagogischer Freiheit für tolle Dinge an diesen Tagen gemacht: Filme gedreht, Modelle gebastelt, Handwerk und Gartenarbeit sowie nicht zuletzt das Theaterspiel, das mich von da an auch nicht mehr losgelassen hat. So etwas steht in keinem Lehrplan, ist aber für die Entwicklung der Persönlichkeit mindestens genauso wichtig, wie das „reguläre“ Lernen in Mathe, Englisch oder Deutsch. Sogar noch ein Jahr nach meiner Schulzeit habe ich am Schultheaterstück teilgenommen, weil es mir einfach so einen Spaß gemacht hat und mein Leben so sehr bereichert hat. Steht bei Aktivitäten wie dem Theaterspiel und dem gemeinsamen Lernen doch etwas ganz Wichtiges im Vordergrund – das Zwischenmenschliche.
Und weil genau das eine generelle Stärke unserer Schule ist, trieb es mich nach Studium und Referendariat im Jahre 2006 dann auch wieder zurück an die BMMG, damals noch als erster ehemaliger Schüler, der als fertiger Lehrer wiederkehrte. In dieser Rolle bin ich aber schon lange nicht der einzige, kommen doch mittlerweile schon die ersten meiner ehemaligen Schüler zurück an die Schule, so dass ich am eigenen Leib erfahren kann, wie sich ein Herr Beeser, eine Frau Glasmacher oder ein Herr Reismann fühlten, als ich damals zurückkam.
Letzterem darf ich dann seit dem Sommer als stellvertretender Schulleiter an unserer Schule folgen und auch wenn ich mir sicherlich ein leichteres erstes Jahr als das jetzige in dieser Rolle gewünscht habe, so gehe ich die Aufgabe doch frohen Mutes an, mit dem Ziel, neue Dinge zu entwickeln, doch ebenso mit dem Willen, Bewährtes zu erhalten. Denn gerade jetzt, in einer schwierigen Zeit, die uns allen einiges abverlangt, merkt man doch ganz besonders, dass das BMMG-Schiff selbst in unruhigen Gewässern stabil segeln kann und man keine Angst vor dem Kentern haben muss. Auch dies liegt am bewährten Zwischenmenschlichen, an den Menschen, die auf unserem alten Kahn mitsegeln. Gemeinsam werden die Herausforderungen der Zeit, gleich ob es sich um ein unangenehmes Virus oder gar um iPads mitsamt schwächelndem Netzwerk handelt, angegangen. Es wird diskutiert, zusammengearbeitet und nach Lösungen gesucht, so wie es stets der Fall gewesen ist. Und das ist einfach gut und soll auch so bleiben. Dazu rufe ich uns alle ganz besonders gerne auf.
Und auch wenn Tessy, unser guter Geist der Schule, in der Weihnachtszeit wahrscheinlich ungewöhnlich wenig vom gewohnten Zwischenmenschlichen wie dem Adventsbasar, dem Martinszug, den Gottesdiensten, der Karnevalsfeier, dem Kollegiumsausflug, den Sprechtagen, der intensiven Gruppenarbeit oder schlichtweg dem gemeinsam Erlebten zu berichten haben wird, sollten wir diesen Geist der Schule, so gut es geht, pflegen und bewahren. Auch wenn dies ausnahmsweise mal per Videokonferenz oder Teams-Chat passieren muss.
Das Gemeinsame und Zwischenmenschliche wird es auch irgendwann und endlich wieder live geben, davon bin ich überzeugt. Lasst uns deshalb weiter gemeinsam positiv bleiben, an einem Strang ziehen und vielleicht einfach ein wenig ausharren, dann werden wir uns bald auch wieder treffen können, feiern können, mit Kontakt lernen können oder einfach wieder umarmen können.
Besonders dazu möchte ich in meiner neuen Position möglichst viel beitragen – denn das Zwischenmenschliche, ja das Leben an Montessori, das liegt mir seit jeher am Herzen, und das mit Stolz und Freude.
Macht es euch nett!
Stefan Erlenwein